Schlagwörter
engagierte Literatur, Gegenwartsliteratur, Gesellschaft, Kunstwerk, Literatur
Engagierte Literatur, die über das fiktionale Kunstwerk gesellschafts-politische Fragen aufgreift, um eine Grundlage für mögliche Veränderung zu schaffen, ist im Literaturdiskurs umstritten. Die sozialen und geschichtlichen Voraussetzungen literarischer Arbeit haben sich gewandelt. Ist es heutzutage immer noch sinnvoll, in der Literatur gesellschaftlich relevante Themen konkret darzustellen, perspektivisch zu erkunden und für den Leser erfahrbar zu machen?
Aufgehäuft auf den Büchertischen der Buchläden liegen Unterhaltungsliteratur, Kriminalromane, Spannung, Kitsch und populäre Sachliteratur. Neue Innerlichkeit, Opportunistisches, schwebende Phantasiewelten, Fräuleinwunder, stilistisch Graziöses: Doch wo findet sich die engagierte Literatur, für ihre Verfechter das Hauptfeld der Schriftstellertätigkeit und Kernstück literarischer Ambition, die moderne Gegenwartsliteratur, die bedeutsame gesellschaftliche Fragen und Entwicklungen im fiktionalen Medium aufgreift und mittels kritischer, hellsichtiger Analyse inhaltlich und formal durchdringt, umformt und gestaltet?
Engagement in der Literatur ist umstritten, Schriftsteller als verantwortliche Instanz fraglich
Engagierte Literatur, die im Mittel des literarischen Kunstwerkes, der meist fiktionalen Darstellung mit eigenem Kunstgehalt kritisch im Hinblick auf gesell-schaftliche oder (zeit-)geschichtliche Fragen Stellung bezieht, mit der Intention, diese wirksam zu problematisieren, ist in der Literaturdiskussion im Gegensatz von gesellschaftlicher Position und Autonomie, politischer Tendenz und Kunst als Selbstzweck umstritten.
Der Schriftsteller als intellektuelle, bewusst ethischen, unabhängig gültigen ideellen Maßstäben verpflichtete Instanz tritt heutzutage oft bloß mit Vorbehalten auf. Der Zweck, konkrete Inhalte für die Leser möglichst provokativ, anschaulich zu entfalten, eine Grundlage für ein aktives Eingreifen in die fehlerhaften Gesellschaftsverhältnisse zu bieten, scheint fragwürdig.
Ist es sinnvoll, die von Jean-Paul Sartre auf den Begriff gebrachte Option literarischen Schaffens innerhalb der heutigen Gesellschaftssituation, des Geschichtswandels und der modifizierten literarischen Arbeitsbedingungen als in ihren Grundlagen fortdauernde Konstante zu begreifen? Erfüllt das literarische Engagement die Funktion der Literatur als der Gesellschaft verantwortliche künstlerische Reflexionsform? Kann das Konzept der engagierten Litertur über die Grenzen der Autorengenerationen hinausreichend aktuell als bedeutsam gelten?